GENiAL 2-2018
2-2018 | GENiAL | 37 BUNDESLAND-SPEZIAL | NORDRHEIN-WESTFALEN für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, bei der Ökologie, Ökonomie und Soziales gleichrangige Prioritäten haben. Dies wird nicht nur gelebt, sondern ist in der Sat- zung auch fest verankert. Mitglieder aus ganz Deutschland Die Resonanz auf die Bürgerwaldgenos- senschaft jedenfalls ist fantastisch und größer, als die Initiatoren erwartet haben. Mittlerweile besitzen über 200 Mitglieder einen stetig wachsenden, mittlerweile 61 Hektar großen Bürgerwald. 660.000 Euro kamen schon zusammen, das macht 1.300 Anteile à 500 Euro. Das Kuriose: Der größte Batzen gehört Nicht-Remscheidern aus dem gesamten Bundesgebiet. „Dies ist der Tatsache geschuldet, dass wir mitt- lerweile viel Aufmerksamkeit erregt ha- ben und zum Beispiel Greenpeace über uns berichtet hat“, erzählt Markus Wolff. Die meisten Genossen wollen aus öko- logischen oder sozialen Gründen dabei sein, ohne einen wirtschaftlichen Nutzen zu erwarten. „Den versprechen wir auch gar nicht, wobei die Kapitalrendite derzeit bei ein bis drei Prozent liegt. Das macht Waldbesitz spannend, denn er bietet quasi eine natürliche Sicherheit“, meint der 51-jährige Förster. Die Waldgenossin mit den meisten Anteilen beispielswei- se wohnt in Freiburg. Die gelernte und mittlerweile pensionierte Volkswirtin hat nicht nur Remscheider Wurzeln, sondern als Entwicklungshelferin in Ostafrika auch engen Kontakt zu Mikrogenossenschaften gehabt. „Als sie von unserem Projekt hör- te, hat sie ihre 6,5 Hektar große Waldflä- che in unsere Genossenschaft mit einge- bracht“, berichtet Markus Wolff. Im Laufe der vergangenen fünf Jah- re ist viel passiert unter den Wipfeln von Remscheids Wäldern. Denn die Bürger- waldgenossenschaft sorgt dafür, dass ihre Idee stetig Wurzeln schlägt. Sie lädt regelmäßig Schulklassen, Flüchtlinge oder Serviceclubs zu Baumpflanzaktionen ein, weist Biotop- oder Spechtbäume aus und veranstaltet Nistkastenaktionen. Zudem rückt sie die vielfältigen Leistungen des Waldes, die sogenannten Ökosystem- dienstleistungen, ständig in den Fokus der Öffentlichkeit. So hat die vielfach ver- öffentlichte und diskutierte Remscheider Studie zur Inwertsetzung dieser Ökosys- temdienstleistungen bereits zahlreiche Folgeprojekte auf den Weg gebracht. Remscheider Modell ist vorbildlich Damit Nachahmer genau wissen, wie man eine Waldgenossenschaft eG grün- det, haben die Remscheider ein Handbuch darüber geschrieben. Entstanden ist die Idee dazu im Umweltministerium Nord- rhein-Westfalen. Das fand das Modell so gut, dass es sogar 2,5 Hektar Staats- wald in die Genossenschaft einbrachte. Seither ist nun auch das Land NRW ein Remscheider Waldgenosse. Und es will das Remscheider Modell künftig stär- Deutschland – Waldland Deutschland zählt zu den waldreichen Ländern der Europäi- schen Union. Mit knapp 11 Millionen Hektar ist knapp ein Drit- tel der Gesamtfläche mit Wald bedeckt. 50 Prozent davon sind in privater, 30 Prozent in staatlicher und 20 Prozent in kommu- naler Hand. Sogar im stark industriell geprägten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind mit 27 Prozent immerhin deutlich mehr als ein Viertel der Fläche Waldgebiet. ker in die Fläche tragen. Denn nicht nur Umweltschutz ist gefragt, sondern auch der Rohstoff Holz. „Dazu bietet unser Projekt, das auch Kleinstwald nachhaltig bewirtschaftet und mobilisiert, einen von zahlreichen Ansätzen“, sagt Markus Wolff. Diese Ansätze sind derzeit gefragter denn je. Denn das Bundeskartellamt hat die bisherige Waldbewirtschaftungspraxis vieler Staatsforstverwaltungen in Hinblick auf deren Betreuung des Privatwaldes als wettbewerbswidrig angesehen. Bis 2019 müssen daher die Bundesländer die Betreuung des privaten Waldbesitzes neu aufstellen. „Eine sehr spannende Zeit“, sagt Markus Wolff. Er und seine eh- renamtlichen Mitstreiter wünschen sich sehr, dass ihre Idee des Bürgerwaldes möglichst viele Nachahmer findet. Rück- blickend sagt der gebürtige Eschweiler, der in Göttingen Forstwissenschaften stu- diert hat, schmunzelnd: „Man muss schon ein wenig positiv bekloppt sein. Aber es macht enorm Spaß.“ Waldunterricht für Schulen: Hier pflanzen Jugendliche Bäume.
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