Die genossenschaftliche Finanzgruppe 2022 – Genossenschaftsmodell hat Zukunft – damals wie heute

Digitaler Sonderdruck · Kreditwesen 19 / 2022  3 ziellere Leistungen von einem Verband als kleinere Häuser. Da Volksbanken mit hohen einstelligen und zweistelligen Mil- liarden-Bilanzsummen mittlerweile auch von Wettbewerbern außerhalb des Ver- bundes als interessante Kundengruppe wahrgenommen werden, steht die Ver- bandsfamilie zudem im erweiterten Wettbewerb. Und das ist gut so, denn der Wettbewerb steigert das Leistungs- vermögen. Mittlerweile beschäftigt der Genossen- schaftsverband rund 1850 Mitarbeiter, um diesen Gegebenheiten gerecht wer- den zu können. Für die Mitglieder und Kunden ist er in 14 Bundesländern in fünf Fachvereinigungen präsent – von Kredit- genossenschaften zu Agrargenossen- schaften und immer stärker auch digital. Das Dienstleistungsangebot ist gemäß der ambitionierten und strategischen Maxime „Überzeugen durch Leistungen“ breiter und tiefer denn je und Beratungsthemen beispielsweise im Hinblick auf die Topthe- men Digitalisierung und Nachhaltigkeit gewinnen stetig an Gewicht. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete der Ver- band dank dieser neuen Ausrichtung eine Umsatzsteigerung von etwa 30 Prozent im Bereich der Beratungsleistungen. Von Minuszinsen zu Rekordinflation in Monaten Sich kontinuierlich neu erfinden und Ge - schäftsmodelle anpassen zu müssen, um für seine Mitglieder und Kunden relevant zu bleiben, ist allerdings ein andauernder Prozess. Deswegen ist es enorm wichtig (sowohl für den Verband als auch für die Mitgliedsinstitute), notwendige Investiti- onen, sei es im Hinblick auf den nachhal- tigen Wandel oder die digitale Transfor- mation, zu tätigen und in die richtigen Bahnen zu lenken. Denn nur so kann sich die Genossenschaftliche Finanzgrup- pe weiter konsequent krisenfest, agil und zukunftsfähig aufstellen und als Förderer in den Regionen agieren. Und dieser An- spruch ist in den heutigen Tagen aktuel- ler denn je. Denn mit dem Krieg in der Ukraine und den dadurch stark angestiegenen Inflati - onsraten, der sich immer weiter abzeich- nenden Energiekrise als größter Treiber der Inflation, Lieferkettenproblematiken sowie weiteren Verwerfungen auf dem Weltmarkt sieht sich die deutsche Wirt- schaft mit einem besonders herausfor- dernden Umfeld konfrontiert. Der Über- fall auf unseren europäischen Nachbarn hat nicht nur viele Menschen in der Uk- raine vom einen auf den anderen Tag in eine unvorstellbare Notlage versetzt und die geopolitische Lage deutlich ange- spannt. Auch Deutschland betrifft der Krieg ganz unmittelbar. Der Krieg in Eu- ropa wird daher zu Recht immer wieder als Zeitenwende bezeichnet. Seine wirt- schaftlichen Auswirkungen lassen sich Stand heute – auch aufgrund der weiter- hin sehr dynamischen Entwicklungen – allerdings noch in keiner Weise vollum- fänglich seriös abschätzen. Doch fest steht: Seit über 40 Jahren war die Teuerungsrate in Deutschland nicht mehr so hoch wie jetzt. Sie liegt derzeit deutlich über dem von der EZB formulier- ten mittelfristigen Inflationsziel von 2 Pro - zent. Zuletzt lag sie gemäß einer Schät- zung des Statistischen Bundesamts bei 7,9 Prozent. Der größte Preistreiber ist an dieser Stelle, wie bereits erwähnt, die Energie. Sie verteuerte sich im August 2022 mit 35,6 Prozent so stark wie bereits im Juli 2022. Nahrungsmittel kosteten 16,6 Prozent mehr als im August 2021. Für Dienstleistungen mussten 2,2 Prozent mehr ausgegeben werden. Für den Ein- zelnen können derartige Umstände den Unterschied zwischen einem gefüllten oder einem leeren Kühlschrank am Ende eines Monats ausmachen, da helfen auch die Unterstützungsmaßnahmen der Bun- desregierung wie das 9-Euro-Ticket nur bedingt. Und für Unternehmen, die ohne- hin oft noch mit den Folgen der Corona-­ Pandemie zu kämpfen haben, erhöhen sich an dieser Stelle sowohl die Kosten als auch die Planungsunsicherheit. Angesichts der Rekordinflation und der daraus resultierenden Belastung für Ver- braucher und Unternehmen hat die Euro- päische Zentralbank im Juli dieses Jahres daher erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum erhöht. Der Leitzins stieg unerwartet kräftig von null auf 0,50 Pro- Ingmar Rega Vorsitzender des Vorstands, Genossenschafts- verband – Verband der Regionen e.V., Neu-Isenburg Laut dem Autor ist die Notwendigkeit, sich neu zu erfinden und Geschäftsmodelle anzupassen, um für Mitglieder und Kunden relevant zu blei- ben, ein kontinuierlicher Prozess. Daher sei es wichtig, Investitionen beispielsweise in Nach- haltigkeit und Digitalisierung zu tätigen, um die Genossenschaftliche Finanzgruppe weiter agil, zukunftsfähig und vor allem krisenfest aufzustellen. Vor allem Letzteres sei aktueller denn je. Der Krieg in der Ukraine habe die In- flationsraten nochmals angetrieben, was dazu geführt hat, dass die EZB ihre Nullzinspolitik nach vielen Jahren geändert habe. Dies wiede- rum werde sich zwar mittelfristig positiv auf die Margen der Kreditinstitute auswirken, aber zu- nächst vor allem für kleinere Institute zu einer unangenehmen Übergangsphase führen. Je- doch zeigt sich Ingmar Rega überzeugt, dass die genossenschaftlichen Institute sich auch diesmal als widerstandsfähig erweisen. (Red.) Foto: Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e.V. „Der Krieg in Europa wird zu Recht immer wieder als Zeitenwende bezeichnet.“

RkJQdWJsaXNoZXIy MjU1NjU=