Trendstudie: Aufbruch in die WIR-Ökonomieoekonomie
35 Handlungsfelder und Lösungsmuster Die Megatrends Urbanisierung, Neo-Ökologie und New Work verändern das Wohnen, Leben und Arbeiten funda- mental. Auf dem Land sitzen beispielsweise viele ältere Menschen allein in großen Wohnungen oder Häusern. Ein- sam älter zu werden wird zur neuen sozialen Frage. Wohn- lösungen für ältere Menschen mit verschiedenen Bedarfen werden zum Geschäftsmodell, verlässliche Netzwerke und Strukturen für Notfalllösungen zum Mehrwert innovativer Genossenschaften. Mehrgenerationenwohnen wird auch auf dem Land zu einem Zukunftsthema. Ein gutes Beispiel ist hier das genossenschaftliche Wohnkonzept „Genos- senschaft am Pulvermaar“ (siehe genomaar.de ). Nicht nur für die Älteren, auch für Familien und Jüngere wird der ländliche Raum wieder interessant. Die Studie „Wohnen in Zeiten von Corona“ hat Jugendliche in Öster- reich befragt und kommt zu erstaunlichen Ergebnissen (vgl. Gallup 2020). Demnach sind drei Viertel der Meinung, dass es sich in einer Krise auf dem Land besser lebt als in der Stadt. Ein Drittel derjenigen, die in einer größeren Stadt leben und das Landleben für vorteilhafter halten, überlegen sogar, aufs Land zu ziehen. Die Ergebnisse der Studie lassen sich auch auf Deutschland übertragen. Einer Befragung zufolge will fast jeder vierte Jugendliche (24 Prozent) später auf dem Land leben, nur jede:n Fünfte:n (21 Prozent) zieht es dagegen in eine Großstadt (vgl.Verband der Privaten Bausparkassen 2021). Die Coronapandemie hat neben Homeoffice auch den Trend zum Co-Working beschleunigt. Auf dem Land bieten viele Einrichtungen Platz für die stadtmüden Digitalarbeiter:innen und alle, die ortsunabhängig arbeiten können. Für Städter:innen, die Arbeit und Freizeit verbinden wollen, ist bspw. temporä- res Co-Working bzw. Co-Workation interessant in Verbin- dung mit Co-Living wie z.B. Mehrgenerationenhäusern. Potenziale und Lösungsmuster Urbanität und Neues Arbeiten sind keine Fragen des Standorts mehr, sondern finden sich auch auf dem Land. Bei der Bereitstellung von urbanen Qualitäten im ländli- chen Raum können Genossenschaften eine zentrale Rolle spielen. Ziel ist eine neue Wohn-, Lebens- und Arbeits- kultur, die für die Attraktivität von Dörfern und Kleinstäd- ten von essenzieller Bedeutung ist. Workation verbindet konzentriertes Arbeiten und Erholung und bedeutet für den ländlichen Raum neue Möglichkeiten und für Genos- senschaften ein neues Handlungsfeld. Initiativen wie die „Urbanen Dörfer“ (siehe urbanedoerfer.ch) und Genossen- schaften wie „CoWorkLand“ (siehe coworkland.de) verbin- den die Felder Wohnen, Arbeiten und Gemeinschaft und schaffen neue Perspektiven. Ländliche Regionen mit Na- tur- und Freizeitwert können vomTrend des (temporären) Co-Working profitieren. Die Schweizer Genossenschaft Village Office setzt sich dafür ein, dass alle Bürger:innen innerhalb von 15 Minuten einen digitalisierten Co-Wor- king-Space erreichen können (villageoffice.ch ). Modelle für gemeinschaftliches Wohnen, Arbeiten und Le- ben entwickeln sich zu einer attraktiven Option für immer mehr Menschen und schaffen einen sozialen Mehrwert durch gelebte Nachbarschaft, gemeinsames Engagement und Hilfsdienste. Wohnungsgenossenschaften können zum Ziel des klimafreundlichen und bezahlbaren Wohn- neubaus erheblich beitragen, da sie die ökonomischen Vorteile des kollektiven Bauens mit sozialen Faktoren wie gemeinschaftlichem Wohnen und den ökologischen Not- wendigkeiten des Klimaschutzes verbinden.Viele Genos- senschaften tragen mit Sanierungsraten von drei Prozent und mehr im Vergleich zum aktuellen Durchschnitt von einem Prozent deutlich zum Erreichen der Klimaziele bei. Das politische Ziel der Bundesregierung, die Sanierungs- quote von derzeit einem Prozent auf mindestens zwei Pro- zent zu verdoppeln, ist auch für die genossenschaftliche Wohnungswirtschaft eine enorme Chance. Wohnen, Leben und Arbeiten 2 Der ländliche Raum muss eine Karte besser spielen: den Frei- heitsgrad, den der städtische Raum nicht hat. Der ländliche Raum kann schnell und gut bauen, wie bspw. gute Kitas und Schulen. MARKUS KAMANN
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