Das Wachstumschancengesetz hat am 22.03.2024 nach langem Hin und Her endlich den Weg durch den Bundesrat gefunden. Anders als ursprünglich beabsichtigt, musste die Bundesregierung bezüglich einer großen Anzahl an Gesetzesvorhaben aber Kompromisse eingehen.
Bereits im Sommer 2023 hatte das Bundeskabinett den sehnlich erwarteten Gesetzesentwurf zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovationen sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) beschlossen. Durch das Wachstumschancengesetz sollen zielgerichtete Maßnahmen zur Verbesserung der Liquiditätssituation der Unternehmen ergriffen und Impulse für Investitionen gesetzt werden. Daneben soll das Steuersystem vereinfacht sowie durch die Anhebung von Schwellenwerten/Pauschalen sollen insb. kleine Betriebe von Bürokratie entlastet werden.
Nachdem das Gesetz in der ersten Runde im Bundesrat gescheitert war, blieb lange unklar, ob die unionsgeführten Länder in der zweiten Bundestagsrunde den im Vermittlungsausschuss erzielten, unechten Kompromiss absegnen würden. Die erhoffte Zustimmung des Bundesrates erfolgte schließlich am 22.03.2023.
Insgesamt sollte es durch die ursprüngliche Gesetzesfassung zu Entlastungen von 7,0 Mrd. Euro kommen; davon verblieb in der geänderten Fassung nun ein Entlastungsvolumen von rund 3,2 Mrd. Euro.
Welche Maßnahmen die Gesetzesfassung umfasst:
Von den beschlossenen Maßnahmen sind die folgenden hervorzuheben:
- erweiterter Verlustvortrag gemäß § 10d EStG: Anhebung der Prozentgrenze von 60 % auf 70 % für 4 Jahre (2024 bis 2027) bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer;
- E-Mobilität/Dienstwagenbesteuerung: Anhebung des Bruttolistenpreises des Kraftfahrzeugs von 60.000 Euro auf 70.000 Euro;
- Anhebung der Freigrenze für Geschenke von 35 Euro auf 50 Euro (ab 01.01.2024);
- Befristete Einführung einer degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens von bis zu 20 % (höchstens dem 2-fachen der linearen Abschreibung); gilt für die Anschaffung / Herstellung nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025;
- E-Rechnung: Einführung einer obligatorische eRechnung für inländische Umsätze im zwischenunternehmerischen Bereich ab 01.01.2025.
In der Gesetzesfassung nicht mehr enthaltene Maßnahmen:
Von den ausgangs avisierten Gesetzesvorhaben sind in der im Bundessteuerblatt am 27.03.2024 verkündeten Fassung unter anderem nicht mehr enthalten:
- die Erweiterung des Verlustrücktrags (auf drei Jahre) sowie Anhebung des Höchstbetrags:
- die Anhebung der Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro sowie die Erhöhung der Betragsgrenze für Sammelposten auf 5.000 Euro (Auflösungsdauer drei Jahre);
- die Erhöhung des Freibetrags für die Zuwendungen an Arbeitnehmende im Rahmen von Betriebsveranstaltungen auf 150 Euro
- die Einführung einer Mitteilungspflicht von innerstaatlichen Steuergestaltungen und
- die Einführung einer Investitionsprämie für den Klimaschutz (Klimaschutz-InvPG)
Aufgrund der langanhaltenden Ungewissheit, ob, wann und in welcher Form das Gesetz verabschiedet werden wird, hatten die Steuerpflichtigen bisher keine Klarheit darüber, auf welche konkreten Gesetzesänderungen sie sich einstellen müssen. Für die Praktiker tritt hier erschwerend noch hinzu, dass das Wachstumschancengesetz zwar im Grundsatz zum 28.03.2023 in Kraft getreten ist, allerdings hiervon wiederum teilweise abgewichen wird.
Insgesamt wirkt die verkündete Gesetzesversion unübersichtlich. So sind zum Beispiel die Neuerungen bezüglich der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter sowohl in Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe b als auch in Artikel 3 Nr. 2 des verkündeten Gesetzes zu finden. An erster Stelle wird weiterhin der ursprünglich geplante Abschreibungsbeginn mit 30.09.2023 angegeben. Die „Korrektur“ der tatsächlich möglichen Inanspruchnahme erfolgt allerdings erst in Artikel 3 des Gesetzes.
Nach all dem Hin und Her wäre es durchaus wünschenswert gewesen, wenn zumindest die Endfassung des Gesetzes transparenter gestaltet worden wäre.