Aus dem Verband

Solarwärme Bracht in Hessen

  • 06.10.2025
  • Aus dem Verband
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(v.l.n.r.:) Gründungsbegleiter Klaus Pfalz von der VR-Bank HessenLand, sowie Daniela Watzke vom Genoverband e.V. mit Helgo Schütze, Vorstand der Solarwärme Bracht eG Foto: Genoverband e. V./ Nora Vehling

Der Rauschenberger Ortsteil Bracht im hessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf hat jetzt als erstes Dorf in Europa eine Energieversorgung, die unabhängig von fossilen Energien ist. Dafür setzen sich die Brachter Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich seit zwölf Jahren ein und haben zu diesem Zweck 2021 die Energiegenossenschaft Solarwärme Bracht eG gegründet. Von dieser werden nacheinander insgesamt 193 Wohnhäuser an ein eigenes, mit Solarthermik betriebenes Nahwärmenetz angeschlossen: Das sind über 60 Prozent aller Gebäude im Ortsteil. 16,5 Millionen Euro hat die Genossenschaft dafür investiert, gefördert von der Europäischen Union über das Land Hessen, einem inzwischen abgelaufenen KfW-Förderprogramm sowie einem Finanzierungspaket der Volksbank HessenLand eG.

Ein Wärmenetz, das Maßstäbe setzt

Als Voraussetzung für das Wärmenetz hat die Genossenschaft ein großes Solarthermie-Feld mit der Fläche von drei Fußballfeldern und einem großen Erdspeicher gebaut. Die Solarthermik erhitzt das Wasser im Erdspeicher auf bis zu 90 Grad. Die Wärmeenergie wird dann über Zwischenspeicher und Verteiler in die Haushalte geleitet. Beim Bau des Wärmenetzes haben die Brachter Einwohnerinnen und Einwohner auch selbst Hand angelegt, um Kosten zu sparen. So haben sie beispielsweise die Dämmung des Deckels für den Speicher in ihrer Freizeit selbst aufgebaut.

Lange Rohre leiten die Wärme nun aus der Anlage in die Häuser der Brachter Bürgerinnen und Bürger: Die ersten Häuser profitieren bereits von der Nahwärme, weitere folgen in Kürze. Außerdem ist geplant, ein Neubaugebiet mit 22 Grundstücken an das Wärmenetz anzuschließen. „Wir sind jetzt völlig autark von externen Energieanbietern, fossilen Energieträgern und politischen Verwerfungen. Bracht ist -bezogen auf die Energieversorgung – als erstes Dorf in Europa unabhängig“, sagt Vorstandsvorsitzender Helgo Schütze. Er ist ebenfalls Anwohner in Bracht und bringt sein technisches Wissen als Solarexperte ehrenamtlich in das Projekt ein.

Das Solarwärmenetz macht es möglich, auf den Einsatz von fossilen Energieträgern zu verzichten und den Ausstoß von C02 für den Stadtteil zu minimieren. Bracht dient damit als Blaupause auch für andere Kommunen.

Daniela Watzke vom Genoverband, die den Gründungsprozess der Genossenschaft begleitet hat, betont: „Bracht ist das zukunftsweisendste Beispiel einer Energiegenossenschaft in einer Reihe von über 20 genossenschaftlichen Bioenergie-Dörfern in Hessen, die wir als Verband mit auf den Weg gebracht haben. Auf diesen genossenschaftlichen Beitrag zur Energiewende sind wir als Verband sehr stolz.“

Finanzierung mit Herz und Verstand

Dem Vorhaben im Bracht kam sehr zugute, dass einer der Anwohner Genossenschaftsbanker bei der VR-Bank HessenLand ist und dazu noch ein ausgewiesener Experte für die Finanzierung von Nahwärmenetzen. Pfalz: “Die solide Finanzierung von alternativen Energieprojekten ist nicht nur wichtig, um die Energiewende noch voranzubringen, sondern auch eine richtige Herzensangelegenheit für mich geworden.“ Inzwischen hat Klaus Pfalz auch einen bundesweiten Finanzierungsfahrplan für Genossenschaftsbanken mit dem Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) erarbeitet, um das Thema voranzubringen.

Bei der Eröffnung des Wärmenetzes Ende September gaben sich Vertreterinnen und Vertreter der Medien wie auch der Bundespolitik sozusagen „die Klinke in die Hand“ und lobten das Projekt als vorbildlich und wegweisend für ganz Europa. So sagte beispielsweise bei der Eröffnugnsfeier der SPD-Abgeordnete Sören Barthold über seinen Wahlkreis, Bracht sei bereits da angekommen, wo Deutschland mit seiner Energieversorgung 2045 sein will.

Herausforderungen? Ja. Aber gemeinsam lösbar

Der Weg bis zur Eröffnung, war lang und mühsam und vor allem gekennzeichnet durch die Corona-Pandemie, den Ausbruch des Ukraine-Krieges und explodierende Energiepreise. erinnert sich Vorstand Schütze. Aber die Bürgerschaft von Bracht wollte ihre Vision eines klimaneutralen Dorfes nicht aufgeben. Auch als das Investment erhöht werden musste, entschieden sich die Brachter und Brachterinnen einstimmig dafür weiterzumachen.
Klaus Pfalz ist sehr stolz auf die Leistung seines Heimatortes: „Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgerinnen, viel Optimismus und Durchhaltevermögen haben wir jetzt ein Leuchtturmprojekt für ganz Deutschland geschaffen. Dabei leben wir die genossenschaftliche Idee: Was einer nicht schafft, das schaffen viele. Und: Das Geld des Dorfes, dem Dorfe.“

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Mitglieder der 14 Genossenschaften aus der Region mit den Gründungsberatern Kai Sauerwein und Daniela Watzke vom Genoverband bei der Eröffnung der Solarwärme Bracht eG. Foto: Genoverband e.V. / Nora Vehling

Sprechen Sie hierzu gerne an:

Nora Vehling

Referentin für Politik und Kommunikation

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