Forderungen der Energiegenossenschaften an die Politik für den Strommarkt
Zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Deutschland sind umfassende Reformen erforderlich. Eine krisenfeste Energieversorgung auf Basis von erneuerbaren Energien spielt dabei eine zentrale Rolle. Dies erfordert die Einbindung aller Akteursgruppen, insbesondere regionaler und mittelständischer Unternehmen. Energiegenossenschaften leisten einen wichtigen Beitrag für die Akzeptanz und aktive Teilhabe der Bürger*innen an der Energiewende. Unsere Energieprojekte sichern regionale Wertschöpfung und demokratische Mitbestimmung. Die Politik muss die Umsetzung neuer gemeinschaftlicher Energieprojekte im zukünftigen Strommarkt sicherstellen. Dabei sollten die unternehmerischen Besonderheiten der Energiegenossenschaften in Gesetzgebungsverfahren einfließen. Mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl richten wir daher folgenden Positionen an die Politik:
- Planungssicherheit im zukünftigen Strommarkt gewährleisten
Eine gesetzliche Finanzierung ist unverzichtbar und muss ausgebaut werden. Ein zukünftiges Fördersystem muss allen Marktakteuren die Realisierung von EE-Projekten in allen Marktsegmenten ermöglichen und zuvor in Reallaboren getestet werden.
- Energy Sharing umsetzen
Um besser auf lokale Signale reagieren zu können, braucht es alternative Versorgungskonzepte. Nicht nur die Erzeugung, sondern auch die gemeinschaftliche Stromlieferung als Energiegenossenschaft vor Ort muss erleichtert werden. Deswegen muss Energy Sharing schnellstmöglich gesetzgeberisch umgesetzt werden. Hierfür müssen die Vorgaben der EU-Kommission zum „Energy Sharing“ in Artikel 22 Abs. 2b Erneuerbare-Energien-Richtlinie umgesetzt werden.
- Pachtpreise deckeln und Flächenerwerb lokaler Akteure priorisieren
Der Konkurrenzkampf um geeignete Flächen ist groß. Dies spiegelt sich auch in steigenden Pachtpreisen wider. Der Flächenerwerb für Vorhaben lokaler Akteure muss priorisiert und geschützt werden, um die Akzeptanz von Bürger*innen durch Beteiligung zu gewährleisten.
- Zubau von PV-Anlagen unter 100 kWp erhalten
Eine wirtschaftliche Direktvermarktung von EE-Anlagen unter 100 kWp ist bisher nicht möglich. Deswegen darf die Direktvermarktungsgrenze gesetzlich nur abgesenkt werden, wenn unsere Anlagen unter 100 kWp überhaupt wirtschaftlich direktvermarktet werden können. Solange dies nicht gewährleistet ist, dürfen die Direktvermarktungsgrenzen nicht gesenkt werden.
- Stromnetze ausbauen und Speicherausbau anreizen
Der langsame Netzausbau darf nicht zum Hindernis für einen flächendeckenden Ausbau der erneuerbaren Energien werden. Nach den Rekord-Ausbauzahlen in den letzten Jahren kommt es vermehrt zur Abschaltung von PV- und Windkraftanlagen aufgrund von Netzengpässen. Um die Systemstabilität beim weiteren Ausbau zu gewährleisten und wirtschaftliche Ineffizienzen zu vermeiden, muss neben dem stärkeren Netzausbau auf den vermehrten Einsatz von Speichern gesetzt werden. Dazu muss auch die Überbauung von Netzanschlüssen gesetzlich normiert werden.
- Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ ausweiten
Das Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ muss auf Projekte alle Bereiche der erneuerbaren Stromerzeugung, erneuerbaren Wärme, neuen Mobilität, Energieeffizienz und Digitalisierung ausgeweitet werden.
- Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften im EEG verbessern
Die Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften müssen näher an der energiegenossenschaftlichen Praxis ausgestaltet werden. Die Beschränkung für Bürgerenergiegesellschaften auf ein Projekt pro Technologie in einem festgelegten Zeitraum in § 22b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 EEG 2023 muss gestrichen werden.
Forderungen der Wärmegenossenschaften an die Politik für den Ausbau von Wärmeenergie
Die autarke Versorgung, die durch Wärmeenergie ermöglicht wird, bietet vor dem Hintergrund geopolitischer Entwicklungen und der damit verbundenen Abhängigkeiten von Öl- und Gaslieferungen enormes Potenzial. Wärmegenossenschaften müssen bei gesetzgeberischen Regelungen für die Wärmewende einbezogen werden. Dafür braucht es von politischer Seite Sicherheiten für die Planung und den Ausbau von Wärmeenergienetzen, wie in den folgenden Forderungen erläutert:
- Langfristige, abgesicherte Finanzierungsmöglichkeiten schaffen
Damit Wärmenetze gebaut und erneuerbare Wärmequellen erschlossen werden können, braucht es langfristiges Kapital. Mitglieder von Genossenschaften können Eigenkapital zur Verfügung stellen - daneben muss der Großteil der Investition über Fremdkapital finanziert werden. Aufgrund von fehlenden Sicherheiten fällt es Genossenschaften oftmals schwer, Zugang zu Fremdkapital zu bekommen. Um dies zu gewährleisten, braucht es daher einen Absicherungsmechanismus, entweder in Form eines bundesweiten Bürgschaftsprogramms oder eines KfW-Kredits mit Haftungsfreistellung. Auch Anreize für eine weitere Stärkung der Eigenkapitaldecke sollten geprüft werden.
- Bürokratische Anforderungen überschaubar halten und Genehmigungen beschleunigen
Bei der anstehenden Novelle der AVBFernwärmevordnung sollte berücksichtigt werden, Genehmigungen für Wärmenetze und Wärmeerzeugungsanlagen zu priorisieren. Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) sollte entbürokratisiert und eine zügige Bewilligung der Anträge sichergestellt werden.
- Nachhaltige Wärmequellen von Wärmegenossenschaften erhalten
Wir fordern, dass insbesondere Biogasanlagen mit Wärmenetzanschluss weiterhin gefördert werden, um die Wärmewende auf dem Land nicht zu gefährden. Auch die nachhaltige Nutzung von regionalen Biomassepotenzialen darf für genossenschaftliche Wärmenetze nicht eingeschränkt werden.