Politische Positionen

Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung: Was steckt drin für die Genossenschaften?

  • 17.04.2025
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Die Koalition aus CDU/CSU und SPD möchte Deutschland wirtschaftlich wettbewerbsfähig machen. Welche Vorhaben sind aus Sicht der über 7000 Genossenschaften in Deutschland besonders wichtig? Ein Blick in die Themenfelder Finanzen, Landwirtschaft, Ländlicher Raum, Bürgerenergie, Genossenschaftsrecht, Wohnen und Mittelstand.

Genossenschaftsbanken

Für viele kleine Genossenschaftsbanken ist die Zusage der neuen Bundesregierung, kleinere Banken und Sparkassen bei Änderungen der Regulierung konsequent zu berücksichtigen, das Aufgreifen einer unserer zentralen Forderungen. Hier ist es wichtig, dass den Worten Taten folgen und existierende Vorschläge umgesetzt werden. Die Koalition unterstreicht die Bedeutung des dreisäuligen Bankensystems aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken und deren zwingende Berücksichtigung bei der risikoadäquaten Ausgestaltung eines europäischen Einlagensicherungssystems. Eine vergemeinschaftete europäische Einlagensicherung (EDIS) ohne Vorbedingungen wird zurecht abgelehnt.

Eine verbesserte Immobilienfinanzierung wollen die Koalitionäre durch die Zusammenführung der wohnwirtschaftlichen KfW-Förderkreditprogramme in ein Programm für Neubau und eines für Modernisierung erreichen. Ein sinnvolles Vorhaben, das für seine Wirksamkeit ausreichende Fördervolumina erhalten muss.

In der Altersvorsorge ist eine Überführung der Riester-Rente in ein einfaches Vorsorgeprodukt geplant, das kostengünstig, wenig bürokratisch und ohne verpflichtende Garantien funktionieren sollen. Hier müssen zeitnah weitere Schritte folgen, um die Vorsorgesituation der Menschen zu verbessern.

Landwirtschaft

Die Vielfalt landwirtschaftlicher Betriebe wird im Koalitionsvertrag konkret angesprochen, auch die landwirtschaftlichen Mehrfamilienbetriebe finden Erwähnung. Die neue Bundesregierung bekennt sich zur landwirtschaftlichen Nutztierhaltung und will die jahrelang von der Branche geforderte Planungssicherheit für Investitionsvorhaben herbeiführen.

Die Senkung der Hürden beim Stallbau, die Einführung eines Bestandsschutzes für neu- und umgebaute Tierwohlställe und die Verankerung des Tierartenwechsels im Baugesetzbuch sind äußerst wichtig für Investitionen in die Tierhaltung.

Das vielleicht zentralste Wahlversprechen der Union an die Landwirtschaft – die Wiedereinführung der Dieselrückvergütung – wurde im Koalitionsvertrag übernommen. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in Höhe von 15 Euro wird allerdings eine massive Herausforderung für viele Betriebe, insbesondere wenn saisonale Arbeitskräfte eingesetzt werden.

Ländlicher Raum

Dem ländlichen Raum wird im neuen Koalitionsvertrag eine bedeutende Rolle im Hinblick auf die regionale Wertschöpfung und die Stärkung der Gemeinschaft und den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt zugeschrieben. Die neue Bunderegierung plant die Wertschöpfung im ländlichen Raum durch gezielte Investitionen vor Ort zu steigern und den Betrieben sowie ihren Beschäftigten neue Perspektiven zu bieten.

Insbesondere Genossenschaften steigern bereits jetzt Wertschöpfung vor Ort auf vielfältige Weise und verbessern den Zusammenhalt der ländlichen Bevölkerung. Sei es durch Bürgerenergiegenossenschaften, in denen sich die Bevölkerung selbst aktiv an der Energiewende beteiligen kann, Agrargenossenschaften, die meist auch Verantwortung über den reinen landwirtschaftlichen Betrieb hinaus übernehmen und etwa Winterdienste, Mittagsverpflegung, Hofläden oder Werkstattservices anbieten oder die regionalen Landhändler, die mit Tankstellen und Raiffeisenmärkten maßgeblich zur öffentlichen Nahversorgung insbesondere in dünn besiedelten Regionen beitragen. Dies muss honoriert und gezielt bei den Investitionsvorhaben im ländlichen Raum berücksichtigt werden.

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Bürgerenergie

Zentrale Themen für Energiegenossenschaften im Koalitionsvertrag sind Bürokratieabbau, Mieterstrom, Bürgerenergie und Energy Sharing. Auch das Mitspracherecht von Kommunen beim Windkraftausbau ist explizit benannt, mit dem Ziel es zu schützen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass auch die tatsächliche Bürgerbeteiligung durch die Genossenschaften sichergestellt ist. Energy Sharing soll zukünftig ermöglichen, überschüssige Energie direkt zu teilen und zu handeln.

Flächenerwerb für Energiegenossenschaften könnte durch mehrere Vorhaben weiter erleichtert werden. Für die Erleichterungen sollen insbesondere Artenschutzvorgaben überprüft und gegebenenfalls abgeschafft werden:

  • Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie III (RED III) für Planungs- und Genehmigungsprozesse soll fortgesetzt werden.
  • Das Solarspitzengesetz soll vereinfacht werden und die Doppelnutzung von Flächen z.B. mit Parkplatz-, Agri- und Floating-PV ausgebaut werden.
  • Energiespeicher sollen zum „überragenden öffentliches Interesse“ anerkannt werden und können ein interessantes neues Geschäftsfeld für Energiegenossenschaften sein.

In der Wärmeversorgung sollen Gasnetze erhalten bleiben und ausgebaut werden. Das sogenannte Heizungsgesetz (offiziell Gebäudeenergiegesetz) soll abgeschafft werden, während allerdings Zuschüsse für Heizungstausch und energetisches Sanieren bestehen bleiben sollen. Es ist fraglich, wie das umgesetzt wird. Eine offizielle Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes könnte jedoch die Chance bieten, die Inhalte von einem Polarisierungsthema loszusagen.

Flexible Stromverträge sollen zukünftig priorisiert werden. Dafür braucht es intelligente Stromzähler, die bisher nur in wenigen Haushalten in Deutschland vorhanden sind. Dennoch ist dieses Ziel auch aus Sicht der Energiegenossenschaften begrüßenswert, da es die Chance bietet die Energienutzung an die Erzeugung regenerativer Energien anzupassen.

Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) wird um 100 Milliarden Euro erweitert. Diese Mittel können für Projekte zur Energiewende und Klimaneutralität genutzt werden, auch von Energiegenossenschaften. Welche Nachweise es dafür braucht und welchen Aufwand das bedeutet, ist noch nicht klar.

Der Zeitplan Kohlekraftwerke vom Netz oder in die Reserve zu nehmen, soll sich zukünftig danach richten, wie schnell es gelingt, steuerbare Gaskraftwerke zuzubauen. Gaskraftwerke sollen kurzfristige Schwankungen regenerativer Energien ausgleichen. Dieses Vorhaben erscheint sehr kosten- und zeitaufwendig, deshalb ist die Umsetzung fraglich. Für Energiegenossenschaften ist das Vorhaben kritisch, da es den Markt regenerativer Energieerzeugung weiter verzerren könnte.

Zudem soll die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß von 0,5 Cent pro kWh gesenkt, die Netzentgelte reduziert und die energieintensive Industrie durch die Einführung eines vergünstigten Industriestrompreis unterstützt werden. Diese Vorhaben verzerren den realen Energiepreis und behindern die Klimaziele. Da CO2-Zertifikate europarechtlich bereits beschlossen wurden, könnte es im Nachhinein für Deutschland sehr teuer werden.

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Genossenschaften & Wohnen

Im Koalitionsvertrag ist die Modernisierung des Genossenschaftsrechts angekündigt. Ein wichtiges Vorhaben, um die Rahmenbedingungen für Genossenschaften an aktuelle Entwicklungen anzupassen – bei dem das große Vertrauen in die Rechtsform durch die Prüfung und die niedrige Zahl an Insolvenzen als zentrale Aspekte erhalten bleiben müssen. Genossenschaftliches Wohnen wird weiter gefördert. Hiermit unterstreicht die Bundesregierung wie wichtig kooperatives Wohnen für die Bewältigung der Herausforderungen am Immobilienmarkt sind.

Mittelstand

Omnibus war das Stichwort im Frühjahr. Die Koalition unterstützt die Ankündigungen auf europäischer Ebene für einen Bürokratieabbau bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), den Sorgfaltspflichten in Lieferketten (CSDDD) und der EU-Taxonomie. Der Ansatz bürokratiearmer Lösungen für klein- und mittelständische Unternehmen ist aus Sicht der genossenschaftlichen Banken und Unternehmen zentral und richtig.

Profitieren werden die Genossenschaften von der angekündigten Steuersenkung für Unternehmen durch eine schrittweise Absenkung der Körperschaftsteuer und Abschreibungsverbesserungen. Beides ist wichtig für die Stärkung des Mittelstands und der gesamten Wirtschaft.

CDU, CSU und SPD haben erklärt, das Land zurück zu alter Stärke zu führen. Insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft soll gestärkt werden. Wichtig ist, dass die Bundesregierung diese Versprechen schnell mit konkreten Maßnahmen umsetzt. Die genossenschaftlichen Verbände werden die Umsetzung konstruktiv begleiten.

Sprechen Sie hierzu gerne an:

Daniel Illerhaus Profil bild
Pressesprecher Verband

Daniel Illerhaus

Abteilungsleiter Kommunikation, Marketing, Politik

  • 069 6978-3811

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